Die Kraft der Literatur – gezeigt anhand des Projekts des Künstlers Jorge Méndez Blake.


Jorge Méndez Blake ist ein 1974 geborener, außergewöhnlicher, Künstler. Er lebt und arbeitet in Mexiko. In seinem künstlerischen Schaffen konzentriert er sich vor allem auf die Verbindung von Architektur und Literatur. In seinem Werk bezieht sich der Künstler dabei auf herausragende Schriftsteller wie unter anderem:

  • Jorge Luis Borges,
  • Emily Dickinson,
  • Jules Verne,
  • Franz Kafka,
  • James Joyce.

Seine Arbeiten zeichnen sich dadurch aus, dass der Künstler das Literarische auf außergewöhnliche Weise ins Räumliche transformiert.

Eines seiner bekannteren Werke ist die Installation „El Castillo“. Das Projekt entstand 2007 und besteht aus einer Mauer aus Ziegelsteinen mit einer Länge von 23 Metern. Das Besondere an ihr ist, dass sie auf einer Kopie des Buches „Das Schloss“ von Franz Kafka platziert wurde.

Das Buch ist gut erkennbar. An der Stelle, wo es platziert ist, bildet sich in der mörtellosen Wand ein kleiner Bogen aus Ziegeln. Es ist über die gesamte Höhe der Wand sichtbar und erweckt den Eindruck als ob das Vorhandensein des Buches die Struktur der Wand irgendwie „gestört“ hätte.

Dies gibt uns eine metaphorische Botschaft:


Auch eine einzelne Kraft (eine einzelne Stimme) kann einen Einfluss auf eine kompakte, scheinbar starke Struktur ausüben.


Hier haben wir jedoch eine spezifische Kraft im Sinn, nämlich die Stärke der im Inhalt des Buches enthaltenen Botschaft. Die Kraft eines Buches liegt darin, dass sie bei den Leser und Leserinnen verschiedene Reflexionen hervorrufen und ihre aktuelle Sichtweise zu bestimmten Themen ändern können. Sämtliche Leser werden erfahren, dass Bücher ihr Wissen bereichern, so dass sie die Art, wie wir denken und uns die Welt vorstellen, beeinflussen können.

Die Auswahl des Romanfragments „Das Schloss“ ist hier für den Künstler als Grundgerüst für die Aussagekraft seines Werkes von besonderer Bedeutung.

  • Der Titel bezieht sich auf die architektonische Struktur der Installation, von der er ein Teil ist.
  • Das Buch ist sehr unterschiedlich interpretiert worden, da es keine eindeutige Auslegung zulässt. Jeder kann es aus seinem eigenen Blickwinkel herauslesen und bewerten. Der Künstler möchte hierdurch zum Ausdruck bringen, dass man nicht nur vorgefasste Ansichten unkritisch übernehmen sondern dass man durch ein kritisches Hinterfragen seinen eigenen Standpunkt entwickeln soll.
  • So wie das Buch im Kunstwerk von Jorge Méndez Blake die Struktur der Mauer untergräbt, wird die bisherige Organisation des Gemeinwesens durch die mysteriöse Verwaltung der namenlosen Behörde im Schloss durch die Ankunft eines Fremden, der als Störenfried von Bewohnern und Machzentrale angesehen wird, empfindlich gestört.

Die Zukunft des Buches


Es wird geunkt, dass traditionelle Papierbücher ein Relikt der Vergangenheit sind sein sollen. Es heißt, dass die Menschen zunehmend zu E-Books greifen, weil sie „leichter, und handlicher und einfach zugänglich“ sind.

Man könne sie kaufen, während man zu Hause auf einer bequemen Couch sitzt.

Es gibt auch Stimmen, die sagen, dass es ausreicht, gleichzeitig „ctr+f“ zu klicken und wir werden in der Lage sein, Fragmente oder Themen zu finden, die uns interessieren.

Hörbüchern hingegen wird der Text des Buches vorgelesen, so dass Sie das Buch nicht einmal selbst lesen müssen; das Lesen wird für Sie übernommen.

Warum sind traditionelle Bücher zeitlos?

Aber sind E-Books wirklich in der Lage, traditionelle Papierbücher zu ersetzen?


Schließlich kann nichts ihren Geruch ersetzen, das beruhigende Rascheln, das wir beim Durchblättern der Seiten hören.

Bevor wir mit dem Lesen beginnen, ist es überaus wichtig, das Buch „kennenzulernen“, seine Beschaffenheit zu erfahren.

Deshalb fahren wir zuerst mit den Fingern über den Buchdeckel, um eventuelle Unregelmäßigkeiten zu ertasten, bewundern die markanten Elemente, lesen den Text auf der Rückseite. Dann blättern wir durch die Seiten, wobei wir unseren Hör-, Geruchs- und Tastsinn einsetzen. Erst dann beginnen wir mit dem Lesen.

Das Argument, dass E-Books leichter oder handlicher sind, überzeugt Buchliebhaber nicht.

Denn sie garantieren ihnen nicht die Bandbreite an Erfahrungen, die man ausschließlich den mit einem Buch verbrachten Momenten zuschreibt.

Auch tragen wir, wenn wir uns entscheiden, einen bestimmten Titel zu lesen, keine Vielzahl von Büchern mit uns herum. Eine Belastung unseres Rückens erfolgt nicht. Wer keine „zu schweren“ Bücher mit sich herumtragen möchte, kann sich mit der Taschenbuchversion ausstatten.

Nichts garantiert

den Erfahrungsreichtum,

der allein den

mit einem Buch

verbrachten Momenten

zugeschrieben wird.

Auch ist es kein Argument, dass man ein E-Book jederzeit kaufen könne. Traditionelle Bücher kann man ebenso von zu Hause aus bestellen, wenn man vor dem Computer sitzt. Es genügt, den Expressversand zu wählen, und das Buch wird Ihnen am nächsten oder am selben Tag geliefert.

Wussten Sie, dass der Buchhändler ein Buch für Sie auch in ein bis zwei Tagen bestellen kann, wenn er das Buch nicht in seiner Buchhandlung vorrätig hat?


Vielleicht ist es eine Überlegung wert, die nächstgelegene Buchhandlung zu besuchen, mit einem Buchhändler zu sprechen, in den Neuheiten zu stöbern und den Pool der gerade empfohlenen Bücher kennen zu lernen.
Auf diese Weise können Sie ein Buch finden, von dem Sie noch nichts gehört haben, das Sie aber interessieren könnte. Manchmal lohnt es sich einfach, für einen Moment zu entschleunigen, die Schwelle zur „Welt der Bücher“ zu überschreiten und sich in inspirierender Suche zu verlieren.

Manchmal lohnt es sich, für einen Moment zu entschleunigen, die Schwelle zur „Welt der Bücher“
zu überschreiten und sich in inspirierender
Suche zu verlieren.

Das Argument, dass bestimmte Passagen oder Themen online leichter gefunden werden können, ist nicht überzeugend. Es ist sicherer, das Buch vollständig zu lesen und ausgewählte, interessantere Teile zu markieren. Die Suche nach bestimmten Wörtern birgt das Risiko einer Fehlinterpretation der in der Veröffentlichung enthaltenen Texte.

Es sei daran erinnert, dass aus dem Kontext genommene Inhalte nicht unbedingt die Bedeutung dessen widerspiegelt, die was der Autor des Textes dem Leser vermitteln möchte.

An diesem Punkt wird es wahrscheinlich Stimmen geben, die besagen, dass Sie kein Buch lesen müssen, um herauszufinden, was darin beschrieben ist – schließlich können Sie die Voiceover-Funktion nutzen, die Ihnen alles „vorliest“. Aber stellen Sie sich selbst die Frage: Wie oft waren Sie nicht in der Lage, sich auf die vom Leser gesprochenen Worte zu konzentrieren oder wie viele Male sind Sie beim „Hören des Buches“ eingeschlafen?

Das eigenständige Lesen hingegen bietet uns die Möglichkeit, bei interessanteren Fragmenten eine Pause einzulegen, sie mehrmals zu lesen und zu reflektieren. Sie können auch Inhalte markieren, die Sie sich merken möchten und zu denen Sie jederzeit zurückkehren können.


Wir wünschen uns, dass Sie wie wir leidenschaftlich von traditionellen Büchern begeistert sind. Schließlich können die mit einem „echten“ Buch verbrachten Momente nicht ersetzt werden.